Mein Sohn hat ein neues Projekt. Er näht einen Mantel!

Ich muss sagen, er hat mich damit ziemlich überrascht – und auch herausgefordert.

Mein Sohn hat eine neue Leidenschaft: Conventions und Cosplay.
Für alle, die so wie ich vor einigen Monaten, keine Ahnung haben: Conventions sind große Treffen gleichgesinnter. Meine Generation kennt das noch von den Star-Treck Conventions, die es aber meines Wissens in Europa nicht gab.
Cosplay hat direkt mit diesen Conventions zu tun. Ein echter Fan geht dort nämlich verkleidet hin. Im Stil seines Lieblings Manga Helden. Und dass mir jetzt ja keiner Comic-Held sagt, das ist nämlich ganz etwas anderes 😉

Mit diesem Hobby kam es zu den ersten kleinen Bastelarbeiten. Für seine erste Con machte er sich eine Art Halsreif, der leuchtet und blinkt und auch noch gleichzeitig Lautsprecher ist.
Nach dieser Con beschloss er sich ein Schwert zu basteln. Tagelang wurde Styrodur geschnitten, geschliffen, bemalt … bis das gute Stück fertig war. Es fehlt nur noch das Griffband.

Das wäre soweit alles nicht so aufregend, aber dann kam der entscheidende Entschluss: „Mama, ich nähe mir einen Mantel!“

Meine – zugegebenermaßen – sehr unpädagogische Reaktion: „Wie stellst du dir das vor! Das geht doch nicht. Das ist nicht so leicht, wie ein Schwert zu basteln.“
Er schaute mich verdutzt an, sah ganz offensichtlich das Problem nicht und antwortete mir, das sei alles keine Angelegenheit. Einfach ein paar Stoffteile zugeschnitten, an die Nähmaschine gesetzt und schon wäre das Ding fertig.

„Man muss nur wollen, dann geht es auch.“

Das hat mich dann erst recht herausgefordert, ihm zu beweisen, dass das alles furchtbar kompliziert ist. Schließlich ist er in seinem Leben noch nie an einer Nähmaschine gesessen. Ein verdutzter Blick seinerseits brachte mich schließlich zur Vernunft und auf den Boden der Tatsachen zurück.

  • Warum bilde ich mir ein, dass es kompliziert sei, einen Mantel zu schneidern?
  • Was will ich ihm damit beweisen, wenn ich ihm erkläre, das könne er nicht?
  • Welches Vorbild bin ich, wenn ich es ihn nicht wenigstens versuchen lasse und ihn mit allem was ich weiß unterstütze?

 

Schon komisch, dass uns bei vielen Dingen als erstes einmal einfällt, warum etwas nicht geht.

Es ist auch eine Herausforderung hinter die eigenen „geht nichts“ zu schauen.

Was sollen sie mir sagen?
In meinem Fall war es wohl meine eigene Angst vor dem Schnitt in den Stoff. Wenn einmal zugeschnitten ist, bin ich gar nicht so ungeschickt.
Es war mein Perfektionismus. „Der erste selbst genähte Mantel wird sicher nicht so schön wie ein gekaufter!“ Warum nicht?
Und selbst wenn er nicht so perfekt ist, er hat einen großen Vorzug:

Er ist selbst gemacht.

Jede kleine Imperfektion ist selbst verursacht und im besten Fall hat mein Sohn etwas gelernt und entdeckt seine Liebe zur Schneiderei (eher unwahrscheinlich). Auf alle Fälle hat er etwas Neues probiert. Im schlechtesten Fall erkennt er selbst, dass Nähen nichts für ihn ist.

So wie es aussieht wird das Stück aber durchaus tragbar. Und wisst ihr was?

Mein Mutterherz wird vor stolz platzen, wenn der Mantel fertig ist, da sich mein Sohn auch gegen meinen anfänglichen Widerstand erfolgreich durchgesetzt hat und auch noch die Zustimmung zu diesem Beitrag gegeben hat.

>